Am Dienstag überraschte viele diese Meldung: 8 Verlage klagen gegen die Tageschau-App. Dabei wünschten sich am Vortag auf dem Medienforum beide Seiten alte Grabenkämpfe zu beenden. Der Kollege Dennis Horn (Hörfunkjournalist und Vertretungsmoderator bei “Was mit Medien”) ist enttäuscht vom Verlag seiner Tageszeitung. Hier ist sein Kündigungsschreiben.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin freier Journalist für die ARD und habe mir meine Sporen zuvor im privaten Rundfunk verdient. Ich kenne beide “Welten” und habe gestern mit Verwunderung und Enttäuschung gelesen, dass Sie sich an der Klage gegen die Tagesschau-App beteiligen – dass Sie in den unsinnigen und absurden Kanon der Verlage einstimmen, die wild um sich schlagen und nach dem nächsten Richter rufen, statt sich auf die Hinterbeine zu setzen und das nachzuholen, was Sie bisher im Zuge der Digitalisierung kläglich vernachlässigt haben.
Warum nehmen die Verlage Zeit und Geld, die in solche Klagen fließen, nicht in die Hand, um endlich selbst Apps anzubieten, die sich gewaschen haben – und die Tagesschau-App mit dem eigenen angeblichen Qualitätsjournalismus in die Schranken zu verweisen? Weil es diesen eigenen Qualitätsjournalismus vielleicht von vielen dieser Verlage nicht gibt?
Warum argumentieren Sie mit dem Wettbewerb, obwohl es gar keinen richtigen Wettbewerb gibt? Weil Sie Argumente brauchen? Wo ist der Wettbewerb, wenn die Tagesschau-App mit ihren reinen Nachrichten gegen Verlage mit oft ganz anderen Inhalten antritt: Boulevard, hintergründige Geschichten wie in der Süddeutschen Zeitung oder Lokaljournalismus?
Warum klagen Sie gegen die Tagesschau-App und führen deren Inhalte als Begründung an, obwohl die App nur als weiterer Ausspielweg dient – und diese Inhalte von der Tagesschau-Website übernommen werden? Warum klagen Sie nicht gegen die Inhalte dort? Weil Sie die Technik im Hintergrund nicht kennen – oder im Sinne der Klage nicht kennen wollen?
Das Vorgehen der Verlage gegen die öffentlichen-rechtlichen Anstalten ist in den vergangenen Monaten mehr und mehr zur Farce geworden. Aus Sicht vieler Zeitungen, die einen langsamen Tod sterben, ist das sogar noch nachzuvollziehen. Sie hätten diesen Tod aber vermeiden können, und ich bin eigentlich der Ansicht, dass die Süddeutsche Zeitung es richtig macht: weg von reinen Nachrichtenmeldungen der Agenturen, die ich schon am Tag zuvor im Wortlaut im Netz lesen konnte, hin zu hintergründiger, einschätzender, mitreißender Berichterstattung.
Genau deshalb habe ich bis heute Geld für Ihre Zeitung ausgegeben: Weil sie mir einen Mehrwert geliefert hat, den mir die Tagesschau eben nicht liefern kann. Gerade deshalb ist es für mich völlig unverständlich, dass sich Ihr Verlag an der Klage gegen die Tagesschau-App beteiligt – weil Sie es einfach nicht nötig haben, weil es diese Konkurrenz einfach nicht gibt.
Hiermit kündige ich zum nächstmöglichen Zeitpunkt mein Abonnement der Süddeutschen Zeitung, das unter der im Betreff genannten Kundennummer läuft. Ich bitte Sie um eine schriftliche Bestätigung der Kündigung mit Angabe des letzten Zustellungsdatums.
Mit freundlichen Grüßen
Dennis Horn
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