Worum es geht: Seit Mittwoch (11. August) sieht die Newsletter-Übersicht bei der New York Times anders aus. 19 der rund 50 Newsletter-Formate werden nur noch an zahlende Abonnent*innen verschickt werden. Dahinter steckt ein Strategiewechsel.
Warum das interessant ist: Newsletter spielen auch im deutschen digitalen Nachrichtengeschäft eine zentrale Rolle. Obwohl sich große Medienmarken die Newsletter bisher nicht haben bezahlen lassen.
Die erste Generation bestand hauptsächlich aus Verweisen auf neue Artikel, um die Leserschaft auch abseits von flüchtigen Google-Treffern und den Kontakten in sozialen Netzwerken auf die eigene Seite zu locken. Mit dem Aufkommen der aufwendigen Morning Briefings ist dann eine ganz neue Darstellungsform im digitalen Journalismus entstanden. Antrieb war hier aber meist die journalistische Stimme des Autorens. Die Strategie zog nach:
- Mittlerweile gehören Newsletter zur Grundausstattung für den Verkauf von Digitalabos. Kostenlose Newsletter unterstützen das Bemühen der Medienmarke eine Bindung zu neuen Leser*innen zu entwickeln. Wir kennen es: Jeder neuer Newsletter stellt die Empfänger*innen vor die Wahl, nicht doch ein Abo abzuschließen. Denn der Text, den man gerne lesen möchte, ist natürlich der hinter der Paywall.
- Aber auch um bestehende Abonnent*innen zu halten, werden Newsletter strategisch eingesetzt. Die Erkenntnis: Je mehr das Angebot genutzt wird, desto seltener kommt das Kündigungsschreiben. Auch für durch Mitglieder finanzierte unabhängige Medienangebote spielen Newsletter eine ähnliche strategische Rolle. Sie stellen den direkten Kontakt zur Community her.
Die Rolle von Paid-Newslettern:
- Im digitalen Nachrichtenjournalismus sind Paid-Only-Newsletter bisher kein Thema für reichweitenstarke Medien. Etabliert sind diese eher bei digitalen Fachmedien oder neuerdings auch im digitalen Lokaljournalismus, wie das Start-up RUMS in Münster zeigt. Auch der Tagesspiegel bietet seiner zahlenden Leserschaft neben dem kostenlosen Newsletter eine ausführlichere Variante an.
- Die neue Strategie der New York Times ist aber auch eine Antwort auf eine aktuelle Entwicklung. Substack lockt viele Journalist*innen aus den Medienhäusern in die Selbstständigkeit. Sie werden durch ihre eigenen Paid-Newsletter zu ihrer eigenen Marke, von der Leserschaft finanziert werden. Auch andere Plattformen streben in diese Richtung. Twitter hat den Newsletter-Anbieter Revue gekauft. Facebook hat Monetarisierungs-Funktionen für Autor*innen angekündigt und denkt auch über ein Redaktionssystem für Webseiten oder Newsletter nach.
Die neue Strategie der New York Times: Jetzt geht der Paid-Pionier das Thema Newsletter an.
- Kostenlos bleiben populäre Briefing- und Update-Newsletter wie Breaking News, Deal Book, Daily und The Moring. Diese Formate dienen nicht nur als alternative Titelseiten der NYT (Entdecken von Inhalten), sie stärken auch die Markenbindung (Ritualisierung).
- Ebenfalls kostenlos bleiben personalisierbare Formate, bei der Interessierte sich Updates zu bestimmten Themen schicken lassen.
- Zu den Paid-Newslettern gehören künftig die Formate mit exklusiven Inhalten, die von Fachjournalist*innen stammen, die passioniert ihr Thema abdecken. So beschreibt es Alex Hardiman, Chief Product Officer der Times, gegenüber Niemanlab.
Was ist die Idee dahinter?
- Kurfristig ist dies die Antwort auf ein Nutzer*innen-Bedürfnis: Exklusive Inhalte direkt komplett in der E-Mail zu lesen.
- Mittelfristig positioniert sich The New York Times als ein Netflix für Newsletter. Mit einem Abo bekommen Leser*innen Zugang zu einer großen Auswahl an Formaten. Bei Substack müssen sie hingegen für jeden Newsletter ein neues Abo abschließen.
Mit den ersten Erfahrungen der Paid-Newsletter dürfte die New York Times nicht nur Impulse in den deutschen Nachrichtenjournalismus geben, sondern auch den Wettbewerb zwischen Creator Economy und Legacy Media interessanter gestalten.
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