Lego-Männchen am Kopierer; Rechte: Flickr/Legozilla, CC BY 2.0

“Unfair, perfide, parasitär” – pro Leistungsschutzrecht

Lego-Männchen am Kopierer; Rechte: Flickr/Legozilla, CC BY 2.0Die Koalition in Berlin hat beschlossen: Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger soll kommen. Zahlen sollen gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder Newsaggregatoren. Der ARD-Journalist Alex Nieschwietz ist dafür. In Was mit Medien 271 hat er uns gesagt: Es wäre nur fair, würden Anbieter wie Google Geld zahlen – immerhin verdienten sie an fremdem Eigentum.

“Ich finde die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Verleger fair. Mit der Kritik am Leistungsschutzrecht habe ich ein Problem, denn ich verstehe einfach nicht, wieso eine Firma wie Google von Algorithmen [Strg]+[C] und [Strg]+[V] drücken lassen darf, um Geld zu verdienen. Das ist der Kern meines Problems: Google verdient an fremdem Inhalt. Wieso sollte das fair sein?

Zur Erinnerung: Google setzt Milliarden um. Das wird wohl auch noch längste Zeit so bleiben. Allerdings werde ich es vielleicht nicht mehr erleben, dass es noch eine Zeitungsbranche gibt. Deshalb finde ich es im Kern fair, dass ein Milliardenkonzern Verlegern Geld dafür gibt, dass er von ihren Inhalten finanziell profitiert – denn meiner Meinung nach kopiert Google nur.

Google bedient sich bei den kreativsten Leistungen von Onlinejournalisten

Google News bedient sich bei Teasertexten von Nachrichtenmeldungen. Teasertexte sind aber keine irrelevanten drei bis vier Sätze. Sie sind meiner Meinung nach die Essenz des Onlinejournalismus: Sie entscheiden darüber, ob ein Nutzer auf einen Text klickt oder nicht. Egal, wie toll der Artikel recherchiert, geschrieben oder bebildert ist: Das alles ist völlig egal, wenn der Teaser langweilig ist. Der Teaser ist eine der wichtigsten kreativen Leistungen des Onlinejournalisten.

Wenn Google News also einen Nachrichtenteaser verwendet, ist das kein einfacher Link, der im Netz natürlich immer erlaubt sein muss. Google nimmt sich einen relevanten Inhalt. Das gilt auch nicht als Zitat, denn Zitate verwendet man, um Dinge zu belegen. Google nutzt die Funktion des Nachrichtenteasers aus, um seinen Milliardengewinn noch zu maximieren.

Ich finde das unfair, perfide und am Ende parasitär. Ich fände es fair, wenn Google und natürlich alle anderen kommerziellen Nachrichtenaggregatoren, die auf dieses Copy-Paste-Prinzip setzen, dafür bezahlen müssten.

Systematisches Kopieren – dagegen sollten die Verleger vorgehen können

Ich finde es auch völlig richtig, Verlegern die Möglichkeit zu übertragen, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen. Bisher ist es oft so, dass der Aufwand den Nutzen einer Klage nicht rechtfertigt, weil vereinfacht gesagt dem Journalisten die Rechte an seinem Text gehören. Er müsste juristisch gegen eine Firma wie Google zumindest mit vorgehen – und das bei jedem einzelnen Artikel.

Was kommerzielle Newsaggregatoren tun, ist schlicht systematisches Kopieren. Ich finde es deshalb völlig in Ordnung, gegen dieses Copy-Paste-Prinzip zentral vorgehen zu können, das also den Verlegern zu überlassen.

Und wie war das noch? Wenn die Verleger diese ‘Lex Google’ jetzt wirklich durchsetzen, dann schneiden sie sich ins eigene Fleisch, weil sie Millionen Weiterleitungen von Seiten wie Google News verlieren!? Erstens: Sie haben – platt gesagt – immer noch das Recht, das selbst zu entscheiden. Sie kennen ihren Traffic wohl ganz gut, schätze ich. Zweitens: Verschenkt der Bauer auch dem Supermarkt seine Kartoffeln, nur weil dieser eine tolle innerstädtische Lage hat? Und der Supermarkt verdient dann, ohne irgendetwas zu tun? Noch einmal: Das ist einfach unfair.

Abwarten, bevor wir in 140 Zeichen draufhauen

Bevor irgendwann ein konkretes Gesetz kommt, müssten natürlich ein paar Dinge sichergestellt sein. Mir ist zum Beispiel sehr wichtig, dass alles, was nicht kommerziell arbeitet, weiter frei zugängliche Nachrichtentexte aus dem Netz benutzen darf. Würde die konkrete Umsetzung des Leistungsschutzrechtes – die noch niemand von uns kennt – das Internet in irgendeiner Weise verändern, so dass seine tolle basisdemokratische Funktion angegriffen wird, dann würde ich natürlich mit derselben Verve dagegen kommentieren.

Bis hierhin finde ich die Debatte aber relativ blöd, denn niemand weiß, was konkret geplant ist. Lasst uns das doch erst einmal abwarten, bevor wir in 140 Zeichen draufhauen. Denn das Ziel, Print- und Onlinejournalismus zu sichern, finde ich unterstützenswert.”

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