Um es vorweg zu sagen: Was die anderen sagen, habe ich noch nicht mitbekommen. Ich habe lediglich ein Facebook-Status-Update und die Überschrift eines Blogartikels gelesen.
Um auch das gleich vorweg zu sagen: Ein besseres Format hätte Gottschalk nicht passieren können, eine bessere Sendung hätte dem Fernsehen auch nicht passieren können — und irgendwann werden wir auch merken, dass es das Beste ist, was dem Netz im deutschen Fernsehen bisher passiert ist.
Für die, die es nicht gesehen haben: Gottschalk lädt zu sich in sein Büro-Wohnzimmer, berichtete zunächst über all das was es vor allem nicht zu sehen gibt (Wulff & Euro-Rettungsschirm) um dann zu erklären wen er nicht einlädt (Hollywoodstars die übersetzt werden müssen und die eh’ nur ihren neuen Film bewerben wollen), um dann Michael Bully Herbig anzukündigen, der nur seinen neuen Film beworben hat. Zwischen Empfang und Gast, schwenkte Gottschalk auch in sein Büro, in dem junge Redakteure für seine Sendung arbeiten. Darunter Caro, die Social-Media-Beauftragte, oder Johannes, der Aufnahmeleiter oder Personal-Assistant. Dazwischen plauderte Gottschalk aus seinem Leben: Warum die Ehe zwischen Heidi und Seal nur scheitern konnte, wie er Heidi früher entdeckte und warum die Geschichte in einem Klatsch-Blatt nicht stimmt, dass er einen verarmten Onkel in Polen hat. Letzteres macht deutlich, worum es geht: Um Gottschalk. Das wollen die Leute sehen. Da wir in den letzten Jahrzehnten gesehen haben, mit wem Gottschalk per Du ist, hat er zu vielen Themen einen persönlichen Zugang; das ist natürlich spannend.
Was braucht eine gute Fernsehsendung? Sie braucht eine Persönlichkeit, ein Ziel, Platz für Anarchie, Rituale und Kommunikation auf Augenhöhe. Alles ist vorhanden, aber natürlich nach den ersten 30 Minuten noch bei weitem nicht ausgeschöpft.
Die Stärke der Sendung könnten die vielen Sendetermine sein. “Blondes Gift” mit Barbara Schöneberger war großartig, als sie mehrmals die Woche große Sendestrecken füllen müsste, gleiches galt für Harald Schmidt in seiner ersten SAT.1-Epoche. Beide versagten völlig, als die Formate ein- oder zweimal pro Woche im öffentlichen-rechtlichen TV zu sehen waren.
Für Gottschalk: Hoffentlich weiß Gottschalk das Geschenk der fast täglichen Sendung zu nutzen. Das ist Late Night 2.0 und so wie es Deutschland verdient.
Für das Fernsehen: Ich kann nicht abschätzen, wie das Format langfristig bei den Zuschauern ankommen wird. Aber ich sehe die Chance, dass es eine treue Zuschauergemeinschaft geben wird; und das nicht nur bei einer älteren oder nur einer jungen Zielgruppe. Ich glaube, das Format wird von mehreren Generationen akzeptiert. Das Format kann es auch leisten, dass einige, die höchstens Live-Fernsehen zum Tatort schauen, wieder ein bisschen an das Live-Fernsehen zurückgeführt werden.
Für das Netz: “Wir haben mehr Klicks als Zuschauer”, scherzte Gottschalk. Was mir besonders positiv aufgefallen ist: Gottschalks Sendung hatte keine “Wir schauen jetzt einmal ins Netz”-Attitüde, die ich ja an anderer Stelle im deutschen TV bemängelte. Hier merke ich einen gewissen Bildungsauftrag: Das Online- und Offline-Deutschland zusammenbringen. Gottschalk drohte schon, den Begriff Hashtag in einigen Tagen zu erklären. Großartig! Wenn die Sendung den Umgang mit dem Netz natürlich vorlebt, ist das eine gute Sache. Einige Dinge werden vom Gottschalk-Team zwar anders gemacht, als es das einige Geeks & Nerds vorleben. Aber das muss wohl auch so sein, um Schritt für Schritt Online- und Offline-Deutschland zusammenzubringen.
Es wäre unglaubwürdig, wenn Gottschalk so tut, als ob er jetzt selbst bei Facebook und Twitter aktiv sei. In der Vergangenheit hat er sich dafür überhaupt nicht interessiert. Ich finde deswegen die Lösung hervorragend, dass er künftig eine halbe Stunde nach seiner Show eine “Social-Media-Stunde” einlegt, in der er sich dann mit den Zuschauern beschäftigt.
Am Ende werden die Leute Gottschalk Live! aber nicht wegen der (bisher zaghaften) Zuschauerinteraktion oder Social-Media-Einbindung gucken. Sie gucken wegen Gottschalk. Sie nehmen die Chance wahr, in das Büro-Wohnzimmer eines Promis zu gucken.
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