Erinnert ihr euch an den letzten Artikel den ihr gelesen haben, der mit viel Herzblut geschrieben wurde? Solche Texte legt man nicht einfach so zur Seite. Die gute Nachricht: Auf solche Texte können wir bald öfter stoßen. Neue Kommunikationswege und Produktionsmittel machen es möglich, dass freie Journalisten Abnehmer für ihre Herzblutthemen finden – aber damit müssen die sich erst noch anfreunden.
VON DANIEL FIENE
„Hilfe – ich will gar keine Marke sein, ich will doch nur schreiben“ – mit diesem Gedanken im Kopf blicken viele freie Journalisten auf das Mantra, dass derzeit in der Branche auf Kongressen, in Fachzeitschriften, auf Webseiten oder Audio-Podcasts immer wiederholt wird: „Wenn du fitt für die Zukunft sein willst, musst du deine eigene Marke sein. Publiziere selbst, sei dein eigener Unternehmer und kommuniziere das auf deiner Webseite, bei Facebook und Twitter.”
In Zeiten sinkender Zeilengelder und knapper Redaktionsbudgets wissen die freien Journalisten, dass sie etwas ändern müssen. Es reicht nicht mehr die Texte bei der Kontaktperson in der Redaktion anzubieten. Aber gleich Unternehmer werden? Markus Albers kann die Sorgen verstehen. Er hat seinen Redakteurs-Job bei der Vanity Fair gekündigt und ist bewusst freier Journalist geworden um genau von diesen Freiheiten zu profitieren.
Markus Albers: „Ich glaube die Angst der Marke kommt daher, dass die meisten Journalisten sich auch eher als Anti-Establishment oder als kritische Instanz begreifen, was ja auch gut und richtig ist. ‚Eine Marke’ klingt auch immer so amerikanisch – das will man eigentlich gar nicht sein. Gemeint ist aber eher etwas anderes, nämlich das Herausstellen der eigenen Interessen und Fähigkeiten, um am Markt von Auftraggebern gefunden zu werden.“
Womit wir beim großen Missverständnis bei dem Schlagwort „Der Journalist als Marke“ sind. Es geht nicht darum ein großer Selbstdarsteller zu werden, sondern ein Profil zu bilden und damit zu werben. Mit dieser Methode hat Margaret Heckel auch gute Erfahrungen gemacht. Sie war mehrere Jahre Politikchefin der Welt und hat sich dann als freie Journalistin selbstständig gemacht. Mit einer Kollegin veröffentlicht sie zwei Webseiten, auf denen fast täglich neue Inhalte erscheinen.
Margaret Heckel: „Die Webseiten sind hauptsächlich Visitenkarten für uns. Sie zeigen eben, was wir im Netz machen. Das Geld verdienen wir mit anderen Aufträgen, die teilweise auch über diese Seiten kommen, weil wir eben sichtbar sind.“
Sichtbar sein ist eine Notwendigkeit – sagt auch Markus Albers.
Markus Albers: „Schreiben wollen einfach viele. Da muss man sich spezialisieren. Da muss man zumindest schauen, dass man mal ein Buch schreibt, mal einen Kongress moderiert oder auch mal in den Entwicklungsbereich geht. Es gibt viele Dinge die Journalisten machen können, auch neben dem Schreiben.“
Oft erheben freie Journalisten den Vorwurf: Bei Twitter und Facebook würden doch nur Banalitäten ausgetauscht – warum sollte ich dort meine wertvolle Zeit verschwenden?
Markus Albers: „Ich habe die Angst am Anfang auch gehabt. Twitter ist ein Medium, das man erst versteht, wenn man es ausprobiert. Ich habe es lange nicht gemacht. Ich habe lange gewusst, dass es das gibt, den Sinn aber nicht eingesehen. Als ich es dann probiert habe, fand ich es toll. Das kann ich nur jedem empfehlen. Einfach machen, es ist nützlich, es ist hilfreich.“
Denn: Journalisten können bei Twitter in den Kontakt mit ihren Lesern, Hörern und Zuschauern treten und dabei auch eine Funktion übernehmen, die bisher Verlagen vorbehalten war:
Ulrike Langer: „Freie Journalisten können sich als Trüffelschweine verstehen. ‚Schau mal das habe ich interessantes gefunden, das zeige ich dir, aber das ist ein Angebot. Ich verlinke aber auch noch nach links und rechts, dass ich auch noch gefunden habe und da kannst du dir noch eine andere Meinung bilden und du kannst auch sagen, was du davon hältst.’“
Das war Ulrike Langer. Die freie Journalistin berichtet, dass sie durch ihre zunächst nicht bezahltes Engagement im Internet aber so viele spannende Aufträge erhalten hat, dass sie mittlerweile nicht mehr für Verlage schreiben muss, die schlecht bezahlen.
Am Ende profitiert nicht nur der freie Journalist, sondern auch der Konsument. Der hat die Möglichkeit direkt in den Kontakt mit den Journalisten zu treten und bekommt am Ende viel spannendere Medienangebote. Wenn Journalisten Themen für die Konsumenten aufbereiten, die sie selbst mögen, dann wird Herzblut in Qualität umgewandelt. Das sieht auch Margaret Heckel so.
Margaret Heckel: „Journalismus ohne Leidenschaft – das merkt der Leser sofort, dass da nichts knistert. Das merken wir auch an uns selber als Medienkonsumenten. Es bereitet uns viel mehr Freude etwas zu lesen, zu hören oder zu zuschauen, wenn es mit Leidenschaft gemacht wurde.“
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Bei diesem Text handelt es sich um einen Radiobeitrag, den ich vor einiger Zeit produzierte. Da sich am Sendetag die Dinge aktuell überschlugen, wurde er nicht gesendet und ist bislang im Archiv verschwunden. Deswegen habe ich wenigstens schon einmal den Text veröffentlicht.