Vor genau einem Monat kündigte Kollege Dennis Horn sein langjähriges Abo der Süddeutschen Abo. Sein Grund: Er war mit der SZ-Hauspolitik nicht einverstanden, an der Klage gegen die Tagesschau-App teilzunehmen. Sein Kündigungsschreiben haben wir veröffentlicht – aber wie reagiert die SZ? Sie offenbart die Abgründe in der deutschen Abo-Kultur!
KOMMENTIERT VON DANIEL FIENE
Seiner Kündigung hat der SZ-Abo-Service umgehend entsprochen und bestätigt. Allerdings gab es als Antwort nur ein Standardschreiben. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Horns Kritik fand nicht statt. Das vermag viele nicht überraschen, der eigentliche Hohn erreicht Dennis heute Nacht per E-Mail. Wir zitieren:
Sehr geehrter Herr Horn,
im Juli 2011 haben wir Ihr Abonnement wunschgemäß beendet.
Um Ihnen noch einmal die vielen Vorzüge der Süddeutschen Zeitung aufzuzeigen, liefern wir
Ihnen im August völlig unverbindlich die Zeitung für einen weiteren Monat. Für Sie entstehen
keine Kosten und keine Verpflichtungen.
Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Entscheidung noch einmal überdenken würden.
Sollten Sie Fragen oder Änderungswünsche haben schreiben Sie uns bitte eine E-Mail an
lesefreude@sueddeutsche.de oder informieren unsere Servicehotline unter der oben genannten
Rufnummer.
Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Freude bei der Lektüre der Süddeutschen Zeitung.
Mit freundlichen Grüßen
Leitung Abonnentenservice
i.V.Anton Stöckl
Auf die Idee muß man erstmal kommen. Dennis Horn kann sich jetzt schon auf viele weitere Kontaktaufnahmen der Süddeutschen Zeitung einstellen, wenn er nicht widerspricht. Ob ein Widerspruch überhaupt hilft, mögen einige anzweifeln. Aber Verlage fallen ja immer mal wieder mit Ungenauigkeiten im Umgang mit Leser-Adressdaten auf. Stoße ich auf entsprechende Berichte, verlieren die Verlage bei mir persönlich an Glaubwürdigkeit. Wie soll ich da die nächsten “Google und Facebook sind Datenkraken”-Artikel noch ernst nehmen?
Aber zurück zum Antwortschreiben der SZ. Um eine beliebte Formulierung von Konstantin Neven DuMont zu benutzen: Was ist davon zu halten?
Ich bin mir nicht sicher. Zwar bewundere ich die Kreativität der Abo-Abteilung, versuche mir gerade aber vorzustellen, wenn ich das Prinzip als Radiomensch übrnehmen würde. Ab und zu rufen Hörer im Sender an und erzählen uns, dass sie uns nicht mehr hören, weil früher alles besser war. Beim nächsten Mal mache ich beim Hörer ein Überraschungsbesuch zu Hause und gehe in seine Küche und stelle sein Küchenradio zurück auf die Frequenz meines Senders. Natürlich erkläre ich mich hinterher dem Hörer: “Um Ihnen noch einmal die vielen Vorzüge des Senders aufzuzeigen, stellen wir Ihnen im August völlig unverbindlich das Radio für einen weiteren Monat auf unsere Frequenz ein. Für Sie entstehen keine Verpflichtungen. Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Entscheidung noch einmal überdenken würden.”
Auf eine inhaltliche Debatte rund um den Kündigungsgrund warte ich derweil weiter.
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