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Despoten, Faschisten und Löwenzahn: Medienforum NRW 2011, Tag 1

VON PHILIPP SPRECKELS

Das Medienforum NRW 2011 begann just mit ein paar kleineren Eklats. Die medienpolitische Rede der Ministerpräsidentin während der Eröffnungsveranstaltung enthielt z.B. einigen Zündstoff. So gab Hannelore Kraft an, dass sie es sich bis 2017 eine Abschaffung der Werbung in den Angeboten der Öffentlich Rechtlichen gut vorstellen könnte. Das provozierte natürlich den alten Streit zwischen Öffentlich Rechtlichen (Monika Piel, WDR) und Privaten (Anke Schäferkordt, RTL) auf der anschließenden Podiumsdiskussion.

Nordafrikanische Despoten

Richtig wach wurde das Publikum dann aber erst mit dem Auftritt des Journalisten und Bloggers Richard Gutjahr. Als Vertreter der digital natives verglich Gutjahr die alten Medienhäuser mit den gestürzten Despoten Nordafrikas – denn wie die Diktatoren kämen auch sie nicht mit der rasanten Entwicklung des Netzes zurecht. Daraufhin griffen die so beschuldigten Gutjahr massiv an. Seine Aufforderung, sie sollten sich mehr mit den partizipativen Möglichkeiten von Social Media beschäftigen, kommentierte Jürgen Doetz (Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien), indem er digitale Initiativen wie die re:publica als “faschistoid” bezeichnete. Danach kühlte sich die Lage etwas ab.

Die Bonner Republik war gemütlicher

Zwischen regnerischen Kaffeepausen plätscherte das TV-Panel mit den Produktvorstellungen von YouTube & Co. leider eher enttäuschend vor sich hin. Lediglich die Aussage von Prof. Norbert Bolz, dass sich im TV in Zukunft nur noch damit Geld machen ließe, “was man nicht downloaden kann” dürfte einigen im Publikum aufgestoßen sein. Nach einem kurzen Abstecher zur eher enzyklopädischen Nintendo Key Note wurde es in “Über das Abhängigkeitsverhältnis von Politikern und Journalisten” wieder etwas interessanter. In ungewohnter Eintracht waren sich Vertreter von Politik und Medien einig, dass die “Bonner Republik etwas cosyer war ” (Thomas Ellerbeck, Vodafone). Zudem fühlten sich beide Seiten durch Fukushima, Lybien und den Guttenberg-Skandal regelrecht gehetzt und gaben sich selbstkritisch: “wir treiben uns gegenseitig!” (Eva Christiansen, Bundeskanzleramt).

App is NOT the future

“Is App the future?” war die Frage der letzten Veranstaltung, die beide Keynote-Sprecher erstaunlicherweise mit einem deutlichen Nein /Jein beantworteten. Statt den Medien Erfolgsrezepte zu verkaufen, würzte gerade Joachim Graf seine Präsentation mit markigen Sprüchen wie “Apps sind der C64 des Jahres 2011” und, auf Apples walled market-System bezogen, “Am Ende gewinnt immer der Löwenzahn!” das Ende des Tages.

To be continued …

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Foto: © Ralph Sondermann / Medienforum NRW

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