28 Jahre ist es her, dass der Eurovision Songcontest in Deutschland stattgfunden hat. Dementsprechend sind viele, die dem Wettbewerb nahe stehen, aufgeregt, ob und wie alles heute Abend beim Finale über die Bühne gehen wird. Wir könnten jetzt viele kritische Worte finden. Wie wenig ESC-Stimmung in den letzten Tagen in Düsseldorf trotz Medien-Hype herrschte. Wie welcher vorgefassten Haltung über die Stadt so mancher Journalist anreiste. Wie distanzlos viele Journalisten berichten. Aber mal ehrlich: Sollte man den Eurovision Songcontest so ernst nehmen? Ist es nicht viel mehr eine Spaßveranstaltung, die zwar kommerziell ist, dafür aber einmal im Jahr den Blick über die Landesgrenzen hinaus ermöglicht? Im Prinzip ist der Eurovision Songcontest wie Karneval nur ohne mythologische Wurzeln. Der ESC ist aber auch inzwischen eine Antwort der modernen Event-Gesellschaft. Den ESC darf man nicht ernster nehmen, als er sich selbst gibt. Bei so manchen Berichten scheinen die Journalisten das aber vergessen zu haben. Wenn dieser Zirkus schon bei uns vor der Haustür in diesem Jahr stoppt, dann staunen wir bei “Was mit Medien” lieber: Darüber, mit wieviel Aufwand dieser Musikwettbewerb betrieben wird.
Ein Volunteer berichtet und gibt sich beeindruckt
In Was mit Medie 249 hatten wir Besuch von Jens Behmert. Er arbeitet eigentlich bei einer Telekommunikationsfirma, hat sich aber als Volunteer beworben. Für zwei Wochen helfen er und seine 550 Kollegen auf dem Arenagelände und in der Stadt aus.”Gigantisch ist eine untertreibung”, als wir ihn fragen, wie es hinter den Kulissen aussieht, wenn doch schon die Bühne wegen ihrer Größe viele extrem beeindruckt. Es hat gut einen Monat gedauert, bis das Arena-Fußballstadion in das Eurovision-Studio umgebaut wurde.
Die Show an sich ist bis auf die Sekunde durchgeplant. Das liegt auch daran, damit sich die unterschiedlichen Kamerasysteme nicht in die Quere kommen. Es gibt normale Kameras, Steadycams, Krankameras und auch eine Spidercam, welche durch flexible Fahrten die Dreidimensionalität des Raumes wiedergeben kann. “Jeder ist ein Rädchen in einem Uhrwerk”, beschreibt Jens die detaillierten Planungen. Der Aufwand wird auch im Videoblog DUSLOG.tv von Lukas Heinser und Stefan Niggemeier deutlich. In Episode 10 werden wunderbar die Steadycams erklärt.
Wir haben zusammen mit Jens und unseren Reportern ein paar Funfacts rund um den ESC gesammelt, welche ihr wunderbar heute Abend beim Eurovision-Rudelgucken mit euren (Medien-)Freunden zum Besten geben könnt. Einfach in den Peter-Urban-Modus wechseln und loslegen:
- Im Pressezentrum (eine Leichtatlethikhalle) gibt es Einkaufskörbe mit Äpfeln.
- Der Kaffeemilschaum wird mit einem ESC-Herz verziert.
- Der Checkin für Pressevertreter ist wegen der Sicherheitsvorkerhungen langwierig: Neben den üblichen Flugzeugkontrollen, wird auch der Ausweis eingescannt, worauf ein Profilfoto auf einem Bildschirm erscheint.
- Jeder Journalist hat ein eigenes Fach, in das die ESC-Länder Promomaterial verteilen. Eigene Fächer sind bei solchen großen Veranstaltung eigentlich unüblich.
- Es gibt ein stricktes Akkreditierungssystem. Nur wer A1 auf dem Ausweis stehen hat, darf überall hin.
- Lustigster Tweet bisher von einem Journalisten aus Österreich (Link leider verloren), aus dem Kopf zitiert: Die Arena ist so groß, die wege sind so weit: Die Klos sind erst in Wuppertal.
- Die Bühne passt in 40 LKWs.
- Die Lichttechnik passt in 120 LKWs.
- Auf dem Außengelände stehen Dieselgeneratoren, die Strom für 13.000 Haushalte erzeugen. Wenn der Strom in Düsseldorf ausfällt, kann die Show weitergehen.
- Die LED-Leinwand hinter der Bühne ist 1080 Quadratmeter groß.
Die Volunteers betreuen nicht nur die ESC-Künstler, sondern auch die Journalisten. Wir haben gefragt, ob die Pressevertreter manchmal nicht anstrengender mit ihren Wünschen sind. Jens schmunzelt: “Das ist wohl wahr.” Manchmal müssen die Volunteers ein dickes Fell haben.
Heute Abend: Die deutschen Ausrichter haben sich was einfallen lassen!
(Wer nicht wissen möchte, was ihn heute Abend erwartet, sollte jetzt nicht weiterlesen!) Ihr könnt euch schon auf das Finale freuen: Im letzten Jahr hatten sich die Ausrichter in Oslo eine wunderbares Flash-Dancemob-Aktion zu den Klängen von Madcon ausgedacht. In diesem Jahr müssen die deutschen Ausrichter entsprechend nachlegen. Ich würde sagen: Mission erfüllt! Schon bevor der erste Wettbewerbteilnehmer auf die Bühne geht. In einer unglaublich unterhaltsamen Show performt Gastgeber Stefan Raab mit ein gutes Dutzend Lena-Kopien den letztjährigen Siegersong. Das Publikum überschlug sich gestern beim gleichen Auftritt im Jury-Finale. Als Gastkünstler rockt Jan Delay zünftig die Pause vor der Punktevergabe und dann kommt der eigentliche Höhepunkt. Die riesige LED-Wand verschwindet und dahinter kommen die Künstler zum Vorschein, die in ihren “Waben” sitzen und dort den Abend über auf ihren Auftritt warten. “Tear down this wall”, ruft Raab seiner Kollegin Judith Rakers zu. Ein Gänsehaut-Moment! Meine eigentliche Heldin des Abends ist Anke Engelke. Sie könnte die Show eigentlich auch alleine moderieren. Aber darüber werden sicherlich auch noch andere schreiben.
Wir wünschen euch gute Unterhaltung bei dieser Spaßveranstaltung!
P.S.: Auch wenn ich schon das Jury-Finale gesehen habe. Ich kann euch nicht sagen, wer gewinnen wird! In diesem Jahr sind viele starke Nummern dabei. Es wird also spannend heute Abend.
Foto: Jedward bei der Probe (Foto: Pieter Van den Berghe (EBU))