Als am Donnerstag (28.10.2010) unsere Sendung zu Ende ging, waren Herr Pähler und ich gerührt und nachdenklich zu gleich: Das, was unsere Gäste Alina aus Kirgistan und Shuchen aus China über ihre Arbeit als Journalistinnen in ihren Ländern berichteten und was sie von ihrem Besuch bei uns im Deutschland gelernt haben, ist bewegend. Ihr Tenor: Sie wünschen sich für ihre journalistische Arbeit mehr Freiheit. Ganz offen sprach Shuchen zum Beispiel über die Zensur. Wir haben mit beiden ein Interview geführt, welches ihr in unserer aktuellen Sendung nachhören könnt. Alina und Shuchen haben zudem einen Beitrag verfasst, wie sie den Journalismus in Deutschland erleben. Was wir gelernt haben: Einige Dinge in unserem Job sollten wir nicht für zu selbstverständlich nehmen.
Die zwei waren im Oktober im Rahmen des Projekts Antenne Deutsch/Land bei uns zu Besuch, dessen Eigenbeschreibung wie folgt lautet:
„Antenne Deutsch/Land“ ist ein Projekt der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) und des Goethe-Instituts. Seit 1999 sind jedes Jahr Radiojournalisten eingeladen, um sich über das Mediensystem, speziell über die Radiolandschaft und über Deutschland ein eigenes Bild zu machen. Insgesamt haben bereits mehr als 120 Hörfunkjournalisten aus rund 40 Ländern an dem Fortbildungsprogramm teilgenommen. Neben einem Seminar am Goethe-Institut Düsseldorf stehen während des vierwöchigen Aufenthalts Expertengespräche und Fachvorträge, Besuche u. a. beim WDR, bei der Deutschen Welle und bei Radio NRW sowie Exkursionen nach Berlin, Bonn, Essen und Köln auf dem Programm.
Hier ist das Skript von Alina und Shuchen. Wir haben es weder redigiert noch überarbeitet. Wie es im Radio klingt, könnt ihr in der aktuellen Episode nachhören.
Wir sind Alina Kenzheeva aus Kirgistan und Shuchen aus China. Wir arbeiten als Journalistinnen und sind nach Deutschland gekommen um zu erfahren wie das Radiosystem hier funktioniert. Nur drei Wochen Zeit und eine ganze Menge von Veranstaltungen- Besuche bei NRW, WDR, Deutsche Welle, RBB, Praktikum beim Radio. Unterscheiden sich die Medien in Deutschland, Schina und Kirgistan? – Sehr stark und jetzt erzaehlen wir warum.
Alina: Das erste, was ich merkte – die deutschen Medien sind sehr entwickelt in Technischen Fragen, aber auch in Journalistischen Standarten. Ich komme aus Kirgistan – einem postsowjetischen Land, wo die Medien ihre Entwichklungsphase erleben. Nicht viel Geld fuer die Medien und als Folge-keine Motivation gut zu arbeiten.
Alina: Das zweite, was ich sah – es gibt in Deutschland so viele Maenner, die beim Radio arbeiten. In Kirgistan verdienen die Journalisten ziemlich wenig, deshalb wird Journalistik mehr als Frauenjob betrachtet. Wenn Sie zum Beispiel in Kirgistan zur Pressekonferenz kommen, werden sie sehen, dass da viel mehr Frauen als Maenner sitzen. Was ist dir aufgefallen, Shuchen?
Shuchen: Es ist fuer mich eine grosse Ueberhaschung, dass Radio noch so wichtig fuer die Deutschen ist. Radio spielt jetzt in China fast keine Rolle mehr.
Die meisten Chinesen bekommen Information aus Fernsehen, Internet, Zeitungen und Zeitschriften. Man hoert Radio fast nur im Auto unterwegs. Die Faehrer wollen schnell die Information erhalten, wo ein Stau ist, da fuer sie sehr wichtig ist. Zu Hause hat man viel anderes zu tun, z.B. fernsehen, Internet surfen, Zeitungen oder Buecher lesen.
Die meisten Chinesen meinen, dass wir Radio nicht mehr brauchen. Im Fernsehen kann man etwas sehen. Mit Internet kann man suchen, was man will. Beim Lesen hat man mehr Zeit zu denken. Viele Lokalzeitungen erscheinen am Abend. Darauf kann man lessen, was heute in der Welt und in dieser Stadt passiert ist.
Einer andere moegliche Grund ist, es in China kein Privatradio gibt.
Alle Radiosender sind staatlich. Sie haben wenigen Konkurenz. Fuer sie ist es villeicht nicht so wichtig, die Zuhoerer zu faszinieren. Viele sind ganz langweilig.
Alina: Ja, dass Radio in Deutschland populaer ist finde ich auch. Die Leute hoeren es ueberall – meine Gastmutter starten ihren Tag mit Radio, in Geschaeften begleitet Radio die Leute. Aber wissen die ueberhaupt, was sie hoeren und wie das System bei Privatradios funktioniert? Mich hat es ueberrascht, das es so was wie ein Mantelprogramm von NRW fuer Privatradios gibt…Wir wissen jetzt, dass es 45 Privatradios in NRW gibt und jedes Radio bekommt ein Mantelprogramm von NRW –Musik, Weltnachricten und s.w. und nur ein kleines Teil produzieren die Radios selbst. Ich finde es ein Bischen ungerecht, dass NRW, der so viel macht immer im Schatten steht .
Was ich auch toll finde – ist Buergerradio. Die deutsche Kollegen beschweren sich , dass Buergerradio eine schlechte Qualitaet hat und sie muessen es senden. Aber das, was ich gehoert habe fand ich nicht so schlimm, manche Radiosender, die in kirgisische Sprache senden klingen wie Buergerradio in Deutschland. Es ist toll, das jeder in NRW eine Moeglichkeit hat sein eigenes Programm zusenden.
Shuchen: Fuer mich ist Buergerradio auch ueberhaschend und sehr interessant. Ausserdem meine ich, dass die deutschen Kolleginnen und Kollegen fachlicher sind. Beim chinesischen Radio sind die meisten Nachrichten und Beitraege vorproduziert. Villeicht ist es einfacher. Bei uns sind die meisten live Sendungen Gespraech ueber Liebe u.s.w. Ueber Politik gibt es nur Nachrichten aber keinen Gespraech.
Alina: Waerend meines Praktikums bei Antenne Duesseldorf habe ich gesehen, dass der Moderator immer live spricht. Wie schafft er das nur? Moderiren, in Internet surfen und gleichzeitig so viele knoepfe druecken. Bei uns im kleinen Radio machen wir nur vorproduzierte Beitraege und haben keinen Moderator.
Shuchen: Koenntest du dir vorstellen beim deutschen Radio zu arbeiten?
Alina: Wenn Deutsch meine Muttersprache waere, dann schon. Aber ich habe erfahren, dass Konkurenz zwischen Radiojournalisten in Deutschland sehr gross ist. Deshalb bringe ich lieber meine neue Kentnisse und Eindruecke nach Hause und versuche die zu verwenden. Und du? Koenttest du dir vorstellen beim deutschen Radio zu arbeiten?
Shuchen: Ich arbeite gern in meinem Heimatland. Fuer Journalistinnen und Journalisten gebt jetzt in China mehr Chancen, obwohl wir Zensur haben. In diesem Land aendert sich alles schnell und jeden Tag kann man viele verschiedene Probleme sehen. Weil viel passiert bei uns, koennen wir viel berichten.
Ja, das waren unsere Eindruecke von Radio und Journalismus in Deutschland.