Der neue Mann für Heute: Anpfiff für Matthias Fornoff!

“Guten Abend und herzlich willkommen” – mit diesen Worten begrüßt seit kurzem Matthias Fornoff die Zuschauer der Heute-Nachrichten. Er ist der Nachfolger von Steffen Seibert, der Regierungssprecher von Angela Merkel geworden ist. Fornoff hat zuvor das ZDF-Studio in Washington geleitet und wird jetzt mit Petra Gerster im Wechsel die Nachrichtensendung um 19 Uhr moderieren. Wir haben den Journalisten zwei Tage vor seiner ersten Sendung in Berlin getroffen und zunächst mit ihm über seine eigene Begrüßungsformel gesprochen, denn dem “guten Abend meine Damen und Herren” hat er abgeschworen. Hier das Transkript aus der Episode 224.

Matthias Fornoff, warum haben Sie das Altbewährte über Board geworfen?

Das ist eine Begrüßungsformel, von der ich finde, dass sie Hürden aufbaut, die nicht sein müssen. Nicht jeder fühlt sich davon angesprochen – vor allem die Jüngeren nicht. “Sehr geehrte Damen und Herren” ist ein bisschen formell. Deshalb werde ich das nicht machen. Das wird bestimmt nicht das Einzige sein, das neu ist. Nach und nach wird es Veränderungen geben. Am Tag 1 werde ich da die Welt nicht neu erfinden. Das ist ein Nachrichtenformat, das über Jahrzehnte gewachsen ist. Das muss man weiter entwickeln und dazu will ich beitragen.

Bisher waren Sie ja Korrespondent, nun werden Sie moderierender Redakteur – wie merkt man das?

Naja im Unterschied zur Tagesschau haben wir traditionell keine Sprecher. Dafür bin ich jetzt auch ein Beispiel. Es ist ja kein Zufall, dass man sich einen Korrespondenten holt, der natürlich auch dafür steht, dass er ein bisschen was von der Welt gesehen hat, dass er ein eigenes journalistisches Gewicht mitbringt, dass er die Sendung auch mit gestaltet und seine Texte selbst schreibt. Das ist etwas, worauf ich mich freue.

Was war denn der Anlass für Sie, die Perspektive zu wechseln? Bisher standen Sie ja in der ersten Reihe des Geschehens und nun wechseln Sie genau auf die andere Seite – nämlich in die erste Reihe für den Zuschauer.

Also der Anlass war natürlich erst einmal der Anruf des Chefredakteurs. Ich habe mich darauf nicht beworben, sondern bin gefragt worden. Dann beschäftigt man sich ja mit der Frage: Macht man das, oder macht man das nicht … Es ist für mich eine komplett neue Rolle. Ich habe vorher noch keine Sendung moderiert. Habe allerdings als Korrespondent einiges an Live-Erfahrung vor der Kamera. Ich finde, das ist eine tolle Herausforderung. Die 19-Uhr-Heute-Sendung ist unsere Haupt-Nachrichtensendung. Die hat jeden Abend, ich weiß nicht, vier Millionen Zuschauer in etwa. Da durch zu führen, mit zu gestalten und die Sendung weiter zu entwickeln, das ist etwas spannendes. Es ist ja bei uns auch so, dass wir versuchen, innerhalb dieses Nachrichtenformats, viel zu erklären. Auch Zusammenhänge zu erklären. Es ist ja ein anderes Format als beispielsweise die Tagesschau. Wir haben dieses virtuelle Nachrichtenstudio, indem wir Erklärräume haben, mit denen wir versuchen zu zeigen, warum der Wald in Russland brennt – weil das Torf über Jahrzehnte trocken gelegt worden ist – das kann man mit diesen 3D-Graphiken wunderbar machen. Das heißt, da sind Sie als Moderator schon anders gefordert als der klassische Nachrichtensprecher. Das ist etwas, was mich reizt und das ist der Grund, warum ich das mache.

Sie sind in Mainz geboren, quasi mit dem ZDF aufgewachsen. Tatsächlich sind Sie nur fünf Monate älter als das ZDF. Stand es da für Sie direkt fest, dass es nur zum ZDF gehen konnte?

Überhaupt nicht. Das ist absoluter Zufall. Ich bin in Mainz geboren. Das stimmt. Ich bin in Hannover aufgewachsen und die meiste Zeit meines Lebens habe ich in Berlin verbracht. Nämlich 15 Jahre. Ich bin schon mit fünf Jahren aus Mainz weggezogen. Meine Eltern, Freunde und Verwandte hatten keinen Bezug zum ZDF. Das habe ich sozusagen nicht mit der Muttermilch eingesogen. Ich habe Slawistik und Politikwissenschaft an der Berliner FU studiert, und wollte mit der Sprachkenntnis, ich habe Russisch gelernt, etwas machen. Ich wußte immer, ich wollte Journalist werden. Ich hatte nicht unbedingt vor, zum Fernsehen zu gehen. In der Redaktion Zeitgeschichte hatten sie damals ein großes Dokumentationsprojekt gehabt – das Unternehmen Barbarossa, der Überfall auf die Sowjetunion – und suchten damals händeringend Leute, die Russisch können. So bin ich als Praktikant in’s ZDF gekommen und letztlich so zum Fernsehen. Da habe ich Blut geleckt. Das hat mir Spaß gemacht.

Gehen wir jetzt noch mal nach Washington zurück. Wenn Sie dort Ihre Kisten packen, um jetzt wieder nach Deutschland zu kommen, packen Sie vielleicht dort Anregungen aus den Nachrichtensendungen ein, wo Sie sagen, das finde ich toll, auf’s deutsche System übertragen, oder in ein deutsches Nachrichtenformat, oder gibt es vielleicht auch Dinge, bei denen Sie sagen: Ne, die bleiben lieber drüben.

Ich finde in amerikanischen Nachrichtensendungen den Tonfall der Anchor sehr angenehm. Sie sind sehr professionell, sie sind aber auch zurückgenommen und wenig aufgeregt. Das ist etwas, was mir gut gefällt. Mir gefällt auch der Mut positive Geschichten positiv zu erzählen – und nicht immer gleich wieder zu hinterfragen. Der Wirtschaftsaufschwung in den amerikanischen Nachrichten ist etwas positives. Er ist ein Aufschwung und es wird nicht gleich mit gesagt, es kann aber morgen anders sein. Positive Geschichte über die Helden des Alltags , das sind Sachen, die machen die immer mal, auch wenn das nach unserem Begriff Nachrichten sind, die an einem Tag liegen – aber man kann das sehr wohl an nicht so Nachrichtenstarken Tagen machen. Das kann man sich abgucken. Im Übrigen bin ich oft als Korrespondent auch gefragt worden, was können wir denn lernen, von amerikanischen Nachrichten. Ich finde, nicht so furchtbar viel. Umgekehrt wird auch ein Schuh draus. Der Horizont der Nachrichten in Amerika sind meistens sehr begrenzt. Es dreht sich sehr stark um das eigene Land. International findet das statt, wo Amerika aktiv ist. Gerade auch da wo Kriege geführt werden und Soldaten stehen. Vieles aber eben auch gar nicht. Weil man in Amerika annimmt, das interessiert die Leute nicht. Da haben wir nicht nur im ZDF, sondern auch bei der ARD oder RTL Aktuell einen größeren Horizont und haben mehr Weltoffenheit. Das gefällt mir hier eigentlich besser.

Sie sind zu Ihrem Job durch eine Lebensentscheidung von Steffen Seibert gekommen, und zwar dadurch, dass er vom Journalisten zum Regierungsverkäufer geworden ist, können Sie diese Entscheidung nachvollziehen?

Das ist eine sehr persönliche Entscheidung, die er da für sich getroffen hat. Insofern ist das schwer für mich nachzuvollziehen. Ich finde auch damit soll man unaufgeregt umgehen. Er tut nichts unehrenhaftes damit.

Sind Sie nach einer politischen Farbenlehre oder nach der Konfession Ihres Vorgängers ausgesucht worden?

Das hat überhaupt keine Rolle gespielt. Interessanterweise bin ich bei allen meinen Stationen nie gefragt worden, wo stehst du politisch. Ich habe kein Parteibuch. Ich verstehe mich als unabhängigen Jouranlist. Und dabei soll es auch bleiben.

Sind Sie nervös?

Jetzt im Moment gerade nicht. Obwohl im Radio interviewt zu werden auch aufregend ist, ein bisschen nervös sein, werde ich am Montag beim Sendestart ganz sicher sein. Das ist für mich noch eine ungewohnte fremde Welt. Dieses riesige Nachrichtenstudio mit 180 Scheinwerfern und Kameraroboter. Da muß ich mich noch dran gewöhnen. Aber mein Fußballtrainer hat früher immer gesagt: “Junge, wenn du vor dem Anpfiff nicht nervös bist, spielst du schlecht. Deshalb – ein bisschen nervös muß man auch sein. Das gestehe ich mir zu.

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